Das Gewicht der Schuld: Trennungseltern zwischen Schmerz und Verantwortung
Die Entscheidung zur Trennung ist eine der schwierigsten, die Eltern treffen müssen. Besonders belastend wird sie, wenn Kinder involviert sind. Neben der Trauer, der Angst um die Zukunft und den logistischen Herausforderungen kämpfen viele Eltern mit einem Gefühl, das tief in ihnen sitzt: Schuld.
Was ist Schuld eigentlich?
Schuld ist ein komplexes Gefühl, das entsteht, wenn wir glauben, etwas Falsches getan zu haben oder gegen eine moralische Norm verstoßen zu haben. In Bezug auf eine Trennung fühlen sich Eltern oft schuldig, weil sie ihre Kinder aus einer intakten Familie reißen, weil sie ihnen Schmerz zufügen oder weil sie ihre eigenen Bedürfnisse über die ihrer Kinder stellen.
Warum fühlen sich Trennungseltern schuldig?
- Verlust der Familie: Die Vorstellung, die Familie zu zerstören, löst tiefe Schuldgefühle aus. 
- Enttäuschung der Kinder: Der Gedanke, dass die Kinder unter der Trennung leiden, ist für viele Eltern unerträglich. 
- Soziale Erwartungen: Gesellschaftliche Normen schreiben vor, dass Eltern für das Wohl ihrer Kinder verantwortlich sind. Eine Trennung wird oft als Versagen und Scheitern interpretiert. 
- Vergleich mit anderen: Der Vergleich mit anderen Familien, die zusammenbleiben, verstärkt die Schuldgefühle. 
Warum nehmen Kinder die Schuld auf sich?
Kinder sind oft unfähig, die komplexen Gründe für eine Trennung zu verstehen. Sie neigen dazu, nach einfachen Erklärungen zu suchen und finden diese oft bei sich selbst. Sie denken: "Wenn ich nur braver wäre, hätten sich meine Eltern nicht getrennt." Dieser Mechanismus schützt sie vor der Ohnmacht, die sie angesichts der Trennungserfahrung empfinden.
Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Kinder in solchen Situationen oft ein sogenanntes "magisches Denken" an den Tag legen. Sie glauben, ihre Gedanken und Gefühle hätten die Macht, Ereignisse zu beeinflussen. Gerade im Alter zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr.
Die Folgen von Schuldgefühlen bei Eltern
Schuldgefühle können zu einer Vielzahl von negativen Auswirkungen führen:
- Verminderte Fähigkeit zur Kooperation: Eltern, die sich schuldig fühlen, können Schwierigkeiten haben, gemeinsam Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen. 
- Überkompensation: Aus Schuldgefühlen heraus versuchen Eltern, es ihren Kindern recht zu machen, indem sie ihnen alles erlauben oder ihnen ständig Geschenke machen. 
- Rückzug: Manche Eltern ziehen sich aus dem Leben ihrer Kinder zurück, weil sie sich für ungeeignet halten. 
- Depressionen und Ängste: Schuldgefühle können zu schweren psychischen Erkrankungen führen. 
Wie können Eltern mit Schuldgefühlen umgehen?
- Akzeptanz: Die Trennung ist geschehen. Es ist wichtig, diese Tatsache zu akzeptieren und sich nicht länger Vorwürfe zu machen. 
- Selbstmitgefühl: Eltern sollten sich bewusst machen, dass sie eine schwierige Entscheidung getroffen haben und dass es normal ist, sich schuldig zu fühlen. 
- Professionelle Hilfe: Ein Therapeut oder meine 1:1 Trennungsheldenreise kann dabei helfen, die Schuldgefühle zu bearbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln. 
- Offener Umgang mit den Kindern: Es ist wichtig, mit den Kindern offen über die Trennung zu sprechen und ihnen klarzumachen, dass sie keine Schuld tragen und die Verantwortung voll und ganz bei den Eltern liegt. 
- Fokus auf die Zukunft: Anstatt sich in der Vergangenheit aufzuhalten, sollten Eltern sich auf die Gestaltung einer positiven Zukunft konzentrieren. 
Wichtig: Schuldgefühle sind ein normaler Bestandteil der Trauerarbeit nach einer Trennung. Es ist jedoch wichtig, sie nicht zu lange zu kultivieren. Denn nur wenn Eltern ihre eigenen Gefühle bearbeiten können, sind sie in der Lage, ihren Kindern eine stabile und liebevolle Umgebung zu bieten.
Fazit: Schuldgefühle bei Trennungseltern sind ein komplexes Thema, das viel Verständnis und Mitgefühl erfordert. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass man nicht allein ist und dass es Hilfe gibt. Indem Eltern ihre Schuldgefühle ansprechen und bearbeiten, können sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Kindern helfen, den Trennungsprozess besser zu bewältigen.
Zusätzliche Informationen:
- Elternberatung: In vielen Regionen gibt es spezielle Beratungsstellen für Trennungseltern. 
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen betroffenen Eltern kann sehr hilfreich sein. 
- Fachliteratur: Es gibt zahlreiche Bücher und Artikel zum Thema Trennung und Scheidung. Unter anderem das Buch von Ute Steffens: Mit Kindern durch die Trennung. 
Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine professionelle Beratung. Wenn du unter starken Schuldgefühlen leidest, suche bitte einen Therapeuten auf oder melde dich bei mir.
Dieser Artikel soll dir als Trennungselternteil Mut machen und dir zeigen, dass du nicht allein bist mit deinen Gefühlen.
